Wie kann gefährdete historische Bausubstanz fachgerecht und moderat so gesichert werden, dass ihr Verfall gestoppt wird und der Ist-Zustand möglichst erhalten bleibt?
Wenn es durch das Dach regnet, der Giebel einstürzt, das Fundament unter dem Turm absackt oder Feuchtigkeit in alle Mauern zieht ist es zu spät. Historische Bausubstanz braucht deutlich früher Hilfe. Das muss nicht immer sofort eine komplette Sanierung oder Wiederherstellung sein. Oft genügt als erster Schritt das sogenannte „Einmotten“. So werden Sicherungsmaßnahmen bezeichnet, die historische Bausubstanz vor weiterem Verfall bewahren. Kurzfristige Interessen, politische Hakeleien, profitorientierte Investorenpläne oder schlicht die Unkenntnis von Eigentümer*innen bergen für Denkmale und Baukultur häufig zusätzlich Gefahren.
Die siebente Ausgabe der Freitagsgruppe fragt, wie gefährdete historische Bausubstanz fachgerecht und moderat so gesichert werden kann, dass ihr Verfall gestoppt wird und der Ist-Zustand möglichst erhalten bleibt. Inhaltliche Impulse setzen gelungene Beispiele aus Dessau, verschiedene Orte in Nordrhein-Westfalen und Bezüge zum Bauhaus. Und: Wir erproben gemeinsam mit unseren Gästen bauhandwerkliches Arbeiten in einer Bauhütte vor Ort.
Die Freitagsgruppe steht in der Tradition des Bauhauses Dessau sich aktiv mit gesellschaftlichen Herausforderungen auseinanderzusetzen und sich einzubringen.
Programm
Barbara Steiner (Direktorin und Vorstand der Stiftung Bauhaus Dessau)
Dr.-Ing. Thomas Fischer, Stadtplaner, urbankontor Dessau, Carsten Thiemann, Architekt, urbankontor Dessau, Andreas Gelies, Architekt, dingfest Dessau
Bereits 2021 hat der Stadtrat Dessau einstimmig das „Tierparkkonzept 2030“ beschlossen. Ziel ist es, die innerbetrieblichen Defizite des Tierparks zu beheben und die denkmalgeschützten Bestandsbauten des Bahnbetriebswerkes als Infrastrukturen und Betriebsstätten zu entwickeln und umzunutzen. Der derzeitige städtebauliche Missstand würde aufgehoben und dem Tierpark sowie dem angrenzenden Quartier ein positiver Entwicklungsschub gegeben.
Prof. Dr.-Ing. Holger Schmidt, Stadtplaner Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau
Modellfall Weisswasser – Dokumentarfilmtrailer
Das im Jahr 1937 für die Glaswerke errichtete Lagerhaus in Weisswasser ist das Ergebnis einer kreativen Zusammenarbeit der Bauhäusler Wilhelm Wagenfeld und Ernst Neufert und steht seit den 1990er Jahren als Zeugnis der Architekturmoderne und der örtlichen Industriekultur unter Denkmalschutz. Seit 2016 ist es im Besitz des Vereins Neufert-Bau Weißwasser e.V., der seitdem erfolgreich Notsicherungsmaßnahmen wie die Beseitigung statischer Probleme oder die Schließung der Gebäudehülle und die Errichtung eines Blech-Notdachs umgesetzt hat.
konservierte Lebensmittel der Urbanen Farm kombiniert mit Essen und Trinken der Cafeteria des Museums Bauhaus Dessau
„Kulinarisches Einmotten“ heißt: wertvolle Lebensmittel vor der Witterung schützen und haltbar machen, um sie später zu genießen. Die Urbane Farm bereitet Herzhaftes und Süßes zu: Eingewecktes und Konserviertes. Naschen und nachmachen erwünscht!
Joachim Boll, Berater für gemeinwohlorientierte Quartier- und Projektentwicklung, startklar a+b Schwerte
„Initiative ergreifen“ ist ein Angebot des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bauen und Digitalisierung NRW. Charakteristisch für dieses Angebot ist immer die Integration ganz unterschiedlicher Handlungsbereiche und Generationen in einem konkreten Projekt, denn bei „Initiative ergreifen“ stehen neben baulich-räumlichen Zielen und der „Investition in Steine“ immer auch „Investitionen in Köpfe“ im Mittelpunkt. Dadurch entsteht die Möglichkeit, dass bürgerschaftlich-zivilgesellschaftlich getragene Projekte ausführender Teil einer Neugestaltung ihrer Stadt, ihres Viertels, ihres Quartiers werden und sich die Projektträger*innen in Verantwortung für die Quartiers- und Stadtteilentwicklung einbringen.
Einmotten konkret mit Dimitri Reibestein, Restaurator und Stuckateur und Jan Steinbrück Architekt und Bauhandwerker VorOrt e.V. Dessau
Erhalten und Wiederverwenden sind aktuelle Schlagworte, die deutlich häufiger gesagt und geschrieben, als in die Tat umgesetzt werden. Also mal Smartphone und Klapprechner beiseitegelegt und die Ärmel etwas nach oben geschoben! Wann hatten Sie das letzte Mal einen Ziegelstein in den Händen? So ein praktisch geformtes, hart gebranntes Stück Erde, aus dem wohl immer noch etwa 75% unserer Behausungen bestehen?
Moderation: Dr. Barbara Steiner
Die Impulsgeber Joachim Boll, Holger Schmidt und Thomas Fischer diskutieren mit dem Wittenberger Bürgermeister a. D. Jochen Kirchner: Wie, wann und wo kann mehr Einmotten eine Strategie für nachhaltige Stadtentwicklung sein?
Änderungen im Ablauf vorbehalten