Inmitten der Weltwirtschaftskrise wurde im Dezember 1930 durch die Bauzeitschrift „Die Bauwelt“ der Wettbewerb „Das wachsende Haus“ ausgelobt, zu dem fast 2000 Beiträge eingereicht wurden.
Auch eine Arbeitsgemeinschaft von prominenten Architekten, darunter Walter Gropius, Ludwig Hilberseimer und Leberecht Migge, befasste sich mit dem Thema der Entwicklung eines einfachen, kostengünstigen da vorgefertigten Anbauhauses für ein „schlichtes, naturgemäßes aber doch fortschrittliches“ Leben im Grünen.
Der Kern des Hauses sollte mit 25 Quadratmetern bebauter Fläche alle notwendigen Funktionen auf kleinstem Raum beherbergen und bei Bedarf und nach finanziellen Möglichkeiten systematisch erweiterbar sein. Ein vermietbares Zimmer und eine Werkstatt waren als Teil eines Erwerbskonzepts zu integrieren, Pflanzenhaus und Kleintierstallungen als Basis für die Eigenversorgung. 30 der Entwürfe wurden 1932 für die Berliner Sommer-Ausstellung „Sonne, Luft und Haus für Alle“ als Musterhäuser realisiert und der Öffentlichkeit präsentiert.
Am Wettbewerb teilgenommen hatte auch Rudolf Ortner, der 1932–33 am Bauhaus bei Ludwig Mies van der Rohe und Ludwig Hilberseimer studiert hat. Sein auf sieben Blättern erhaltener Entwurf für ein Holzhaus mit zwei Ausbaustufen ist Ausgangspunkt des Objektgesprächs mit Dorothea Roos, Leiterin der Bauabteilung der Stiftung Bauhaus Dessau. Ortners Beitrag ist weder prämiert noch gebaut worden. Er steht jedoch prototypisch für das Gros der Wettbewerbsbeiträge, anhand derer sich heute wie damals ein Diskurs eröffnen lässt, der das Themenfeld „Wie Wohnen?“ aufspannt zwischen Krisenbewältigung und Zukunftsvision, Konsum-Debatte und Minimalismus-Bewegung, Großstadt-Kritik und Neuer Land-Lust, Selbstversorgung und Kreislaufwirtschaft, Tiny House und Flächenverbrauch.