In diesem Jahr ist die Veranstaltungsreihe Aus der Vitrine zugleich ein Auftakt für das kommende Bauhausjubiläum An die Substanz. Bauhaus Dessau 100. Diese Veranstaltung widmet sich dem Material Glas, welches auch in der Jubiläumsausstellung Glas. Beton. Metall im Werkstattflügel eine zentrale Rolle spielen wird. Dabei geht es um die unterschiedlichen Facetten des Materials, die für das Bauhaus von Bedeutung waren.
Zu Beginn des Abends hält Dorothea Roos, Leiterin der Bauabteilung, einen Vortrag zu dem Thema „Bauglas in den 1920er-Jahren“ am Beispiel eines Hochhausentwurfs mit geschwungener Glasfassade von Ludwig Mies van der Rohe aus dem Jahr 1921. Ein kleinformatiger Fotoabzug des minimalistischen Modells befindet sich in der Ausstellung im Bauhaus Museum Dessau. Der moderne Entwurf wurde nicht ausgeführt und vorwiegend als gestalterisches Manifest wahrgenommen. Über 100 Jahre später gehen wir ausgehend von van der Rohes Entwurf den Fragen der Realisierungsmöglichkeiten, des Herstellungsprozesses und den Konstruktionsanforderungen nach. Und überlegen, welche Bedingungen die Nutzer*innen in dem Gebäude vorgefunden hätten?
Im zweiten Teil der Veranstaltung wird Regina Bittner, Leiterin der Akademie, über Küchenglas im Alltagsgebrauch sprechen und dabei insbesondere auf das Durax-Glasgeschirr eingehen.
Das Durax-Glasgeschirr gehört zur Ausstattung der „gläsernen Küche“ der 1930er Jahre, die sich in Form und Material an modernen Laborgläsern orientiert und für hygienisches, arbeitssparendes Kochen in schwerelosem Design steht. Das Buch der Soziologin Erna Meyer „Der Neue Haushalt“, das in den 1920er Jahren ein Bestseller wurde und ebenfalls im Bauhaus Museum gezeigt wird, hat sicherlich zur Bekanntheit dieser Back- und Kochgeschirre aus Glas beigetragen. Ihre Hitzebeständigkeit ist der Erfindung eines neuen Materials geschuldet: Borosilikatglas – eine Innovation, die die Firma Schott & Gen. Jena in ihren Laboren bereits vor dem ersten Weltkrieg entwickelt hatte. Zwischen der Jenaer Firma und dem Bauhaus gab es zahlreiche Kooperationen. Ausgehend von den im Buch herausgestellten Besonderheiten der Durax-Glasgefäße, lädt der Vortrag in die moderne Küche ein und diskutiert, wie die aus den Laborumgebungen stammenden Materialien zur Formierung einer modernen Glaskultur beigetragen haben, die Alltag und Vorstellungswelten der 1920er Jahre prägten.