Arbeitsamt

Arbeitsamt

Im Auftrag der Stadt Dessau und der Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenunterstützung übernahm Walter Gropius mit seinem Büro die Planung der damals neuen Bauaufgabe, ein Amt für Arbeit zu errichten.

Im halbkreisförmigen Flachbau war die Arbeitsvermittlung und im zweigeschossigen Hochbau die Verwaltung untergebracht – ergänzt wurden diese beiden Gebäude durch einen eingeschossigen Riegel mit Nebenräumen. Verwaltung, Berufsberatung und Arbeitsvermittlung mit Kassenbereich waren räumlich voneinander getrennt.

Die Arbeitsuchenden wurden je nach Anliegen durch verschiedene, nach Berufen und Geschlechtern getrennte Eingänge und Wartezonen geleitet. Die Gespräche zur Arbeitsvermittlung selbst wurden in Einzelbüros durchgeführt. Wer die Zusage für eine Arbeitsstelle erhielt, gelangte direkt über einen Flur im dritten Ring ins Freie, die anderen nahmen den Weg zur Auszahlung der Arbeitslosenfürsorge. Das Amt für Arbeit in Dessau hat mehrere Eingänge, was zu einer Beschleunigung der Arbeitsabläufe führt. Den Arbeitsuchenden sollte langes Anstehen vor dem Arbeitsamt und somit eine soziale Ausgrenzung erspart werden.

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Arbeitsamt (1928–29), Architektur: Walter Gropius, Detail Innenansicht, 27.9.2018
© Stiftung Bauhaus Dessau / © (Gropius, Walter) VG Bild-Kunst, Bonn 2023 / Foto: Wächter, Nathalie, 2018

Mit seiner Stahlskelettkonstruktion ist das Gebäude ein richtungweisendes Beispiel funktionalistischer Architektur. Der fensterlose Rundbau erhielt ursprünglich ausschließlich von oben natürliches Licht und überrascht durch seine Helligkeit im Inneren. Dies ist auf das gläserne Sheddach, die Oberlichtbänder entlang der Innenwände und die hellen, glasierten Ziegelwände zurückzuführen.

Die gelben Backsteine verweisen mit ihrer Farbe auf die benachbarte Region Bitterfeld-Wolfen. Der hochwertige, lederfarbige Rohstoff Ton wurde bei der Erschließung der Braunkohlevorkommen in der Nähe von Greppin um 1850 entdeckt. Allerdings stammt der beim Arbeitsamt verwendete gelbe Backstein nicht aus Greppin selbst, denn bereits 1920 wurde die dortige Ziegelproduktion eingestellt.

Die Herkunft des gelben Backsteins und die Gründe seiner Verwendung beim Dessauer Arbeitsamt sind nicht abschließend geklärt. Allerdings hatte Walter Gropius schon 1911 die Fagus-Werke in Alfeld, seinen ersten, modernen Industriebau, mit gelben Ziegelsteinen in Kombination mit dunklen Stahlprofilfenstern errichtet. Insofern fügt sich das Dessauer Arbeitsamt in die Reihe bedeutender Industriebauten aus dem Büro von Walter Gropius ein. Zugleich bezieht sich die Wahl des Materials auf die Industrialisierungsgeschichte der Region Anhalt.

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Flur des Historischen Arbeitsamtes von Walter Gropius, 2020
© Stiftung Bauhaus Dessau / © (Gropius, Walter) VG Bild-Kunst, Bonn [Jahr] / Foto: Meyer, Thomas, 2020 / OSTKREUZ Bilderserie von Thomas Meyer / OSTKREUZ zum Jahresthema 2021 „Infrastruktur“ der Stiftung Bauhaus Dessau

1936 erhielt der Rundbau weitere Fenster. Der Gebäudekomplex nimmt in seiner Form Bezug auf den damals dreieckigen Askanischen Platz. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Platz umgestaltet, sodass die ursprüngliche Einbindung nicht mehr nachzuverfolgen ist.

Seit der Sanierung 2002/03 dient das Gebäude als Sitz des Amtes für Ordnung und Verkehr der Stadt Dessau.

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Historisches Arbeitsamt, Architekt Walter Gropius (1928–29), Innenraum, Dessau, 13.9.2018
© Stiftung Bauhaus Dessau / © (Gropius, Walter) VG Bild-Kunst, Bonn 2023 / Foto: Meyer, Thomas, 2018 / OSTKREUZ Bauhaus Bauten Arbeitsamt von Walter Gropius in Dessau