Sandra Neugärtner:
foto-bauhäusler, werdet arbeiterfotografen!
Als am Bauhaus eine Fotografie-Abteilung eingerichtet wurde, kam auch die Arbeiterfotografiebewegung an das Bauhaus. Das heißt, einige Studierende unter Walter Peterhans, etwa Albert Hennig, Judit Kárász und Iréna Blühová, beteiligten sich zugleich an einer der wirkungsvollsten KPD-Initiativen, die in ihrem Organ, Der Arbeiter-Fotograf (begründet 1926 von Willi Münzenberg), proklamierte, die Fotografie als Waffe im internationalen Klassenkampf einzusetzen. Kárász und Blühová gehörten auch der Kostufra an. Die im Umdruck-Verfahren vervielfältigte Zeitschrift der Kostufra, die selbst auf die Verwendung der Bildpropaganda verzichtete, rief ihrerseits in der 9. Ausgabe die „foto-bauhäusler“ dazu auf, „arbeiter-fotografen“ zu werden.
Der Vortrag thematisiert am Beispiel der Fotografie, wie sich avantgardistische Kunst mit dem politischen Gedanken verknüpft und entgegengesetzt zur klassischen, bürgerlichen und humanistischen Sicht des empathischen (und deshalb überlegenen) Künstlers und seines Models agiert. Besondere Berücksichtigung findet die Argumentation der Kostufra – auch vor dem Hintergrund der kommunistischen illustrierten Presse, die sich gegen „die kapitalistische Weltpresse“ und den Schwindel ihrer „Bildlügen“ (Fritz Globig) positionierte.
Sandra Neugärtner ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Erfurt, wo sie im Rahmen eines DFG-Projekts zu Lena Meyer-Bergners sozial-transformativem Moderne-Begriff forscht. Sie studierte Design, Kunstgeschichte, Volkswirtschaftslehre und Kulturwissenschaften an der Hochschule Anhalt in Dessau, der Humboldt-Universität Berlin, und der Zürcher Hochschule der Künste. Von 2017–2018 war sie Visiting Fellow an der Graduate School of Arts and Science am Departement für Kunstgeschichte und Architektur der Harvard University. Sandra Neugärtner wurde mit einer Arbeit zum Fotogramm bei Moholy-Nagy als pädagogisches Medium an der Universität Erfurt promoviert.