Regina Bittner:
„Goldene Ketten – eiserne Ketten“ (E. Kállai). Im Streit um eine neue Ästhetik: Materialismus und/oder Klassenkampf
Upton Sinclairs Die Goldene Kette bildet den Auftakt für heftig geführte Debatten um eine neue Ästhetik in zwei Bauhaus-Zeitschriften: 1929 im Bauhaus Magazin Nr. 1 und 1931 in Heft 7 der Kostufra. Während Ernst Kállai Sinclairs Behauptung, nur der Sozialismus trage zu einer Erlösung der Kunst bei, ironisch kommentiert und den Hang dieser Kunstauffassung zur Monumentalisierung heftig kritisiert, führe, so die Kostufra im Artikel „Über Ästhetik“, der Roman von Sinclair vor, wie sich die ästhetische Hegemonie der herrschenden Klassen historisch immer wieder durchgesetzt habe. So sei auch die „ästhetische Unsicherheit des Monopolkapitalismus“ zu werten, die in den Gestaltungen des Bauhauses zum Ausdruck käme. Den Stahlrohrmöbeln des Bauhauses wird ein ästhetisches Programm gegenübergestellt, das sich konsequent in den Dienst des Klassenkampfes stellt. Die hierbei zitierte „Zwangsaskese der ‚Form ohne Ornament‘“ steht möglicherweise in Bezug zu Lu Märtens Beitrag „historischer Materialismus und neue Gestaltung“ in derselben Bauhauszeitschrift. Im Beitrag werden die Spuren dieser Kontroverse aufgegriffen und diese im Kontext zeithistorischer am Marxismus und Materialismus orientierter Kunsttheorien reflektiert.
Regina Bittner ist Leiterin der Akademie und stellvertretende Direktorin an der Stiftung Bauhaus Dessau. Sie studierte Kulturwissenschaften und Kunstgeschichte an der Universität Leipzig und wurde am Institut für Europäische Ethnologie der Humboldt-Universität zu Berlin promoviert. Regina Bittner ist Honorarprofessorin am Institut für Kunstgeschichte und Archäologien Europas an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Sie forscht zu den Themen Architektur- und Stadtforschung, Moderne und Migration, Kulturgeschichte der Moderne und Heritage Studies.