Anke Blümm:
Polnisch, jüdisch, kommunistisch? Über die vielschichtige Gruppe der Bauhaus-Studierenden aus Polen
Anders als z. B. die ungarischen Studierenden sind die in Polen geborenen Bauhaus-Studierenden bisher noch nicht erforscht. Dies hat einen historischen Grund: Sie waren alle vor dem Ersten Weltkrieg geboren, doch Polen existierte vor dem Ersten Weltkrieg nicht. Erst ab 1918 bestand mit der Zweiten Republik wieder ein unabhängiger polnischer Staat. Zudem war das historisch polnische Gebiet durch die schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse immer wieder auch Auswanderungsland. Wer betrachtete sich also als polnisch, als er sich in den 1920er-Jahren am Bauhaus immatrikulierte? Zudem waren alle Studierenden dieser Gruppe jüdisch und standen der zionistischen Bewegung nah. Einige waren auch Mitglied der Kommunistischen Partei und der Kostufra. Damit geht es um die sensiblen Themen Nationalität und Heimat, Staatsangehörigkeit, religiöse Herkunft und Sprachidentität.
Anke Blümm ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Fachbereich Bauhaus-Museum an der Klassik Stiftung Weimar. Sie studierte Kunstgeschichte und Germanistik an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg und der Freien Universität Berlin und wurde mit einer Arbeit zu Entarteter Baukunst an der Brandenburg Technischen Universität Cottbus promoviert. Anke Blümm forscht zu den Themen Geschichte der modernen Architektur sowie zur Geschichte und Rezeption des Bauhauses.